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Mitarbeiter binden ist Führungsaufgabe

Glücklicherweise erkennen immer mehr Führungskräfte, dass ihre Hauptaufgabe nicht nur darin besteht, Sachaufgaben zu erledigen. Das Führen der Mitarbeiter rückt in den Fokus und die Sachaufgaben treten langsam aber sicher in den Hintergrund. Das ist eine gute Entwicklung. Wir wünschen sie uns noch schneller und ausgeprägter. Leider hat aber kaum eine Führungskraft auf dem Schirm, dass die Mitarbeiterbindung ebenfalls eine extrem wichtige Führungsaufgabe ist.

Abwandernde Mitarbeiter sind immer sehr teuer. Ein Mitarbeiter, der beschließt, sich einen anderen Job zu suchen hat innerlich schon gekündigt. In diesem Zustand arbeitet er bereits mit wesentlich weniger Leistung. Die Arbeitssuche kostet ihn Zeit und Kraft, und er ist ganz offensichtlich unzufrieden mit seinem “Noch-Arbeitgeber“. Sagen wir, die Arbeitssuche dauert ca ½ Jahr. Sobald er einen neuen Vertrag in der Tasche hat und offiziell kündigt, werden seine Motivation und seine Leistung während der verbleibenden Arbeitszeit beim dann “alten“ Arbeitgeber noch weiter sinken. Das ergibt schnell bis zu einem ¾ Jahr mit nur halber Arbeitsleistung. Mit viel Glück fängt nahtlos ein neuer Mitarbeiter an, allerdings oft mit einem höheren Einstiegsgehalt. Der neue Mitarbeiter braucht ca ¼ bis ½ Jahr, bis er voll leistungsfähig ist. So summiert sich rasch 1 – 1,25 Jahre mit nur halber Leistung. Also 1 – 1,25 Jahre à 0,5 Jahresgehalt! Rechnet man nun noch Kosten für Headhunter, Zeit für Personalauswahlgespräche, Verlust von Know-How, etc. hinzu, ergibt sich eine beachtliche Summe im 6-stelligen Bereich. Dazu kommt außerdem die Unsicherheit, ob der neue Mitarbeiter sich gut ins Team eingliedert, ob er langfristig bleibt und die Auswirkungen der Kündigung des ex-Mitarbeiters auf die bleibenden Kollegen. Diese Faktoren sind schwer zu beziffern. Dennoch sind sie wirksam.

Unser Plädoyer: haltet gute Leute an Bord. Mitarbeiter binden ist eine zentrale Führungsaufgabe, sowohl was die Stabilität im Team und seine Leistungsfähigkeit als auch die Kosten betrifft. Was braucht es also, um Mitarbeiter zu binden? Zugegeben, aktuell ist das sehr schwierig, denn der Stellenmarkt ist reich bestückt ist, und die heranwachsende Mitarbeitergeneration scheint weniger loyal gegenüber dem Arbeitgeber als ihre Mütter und Väter. Die Lösung ist bereits im Wort Mitarbeiterbindung versteckt: es gilt, sich mit den Mitarbeitern zu verbinden. Das bedeutet einfach, dass die Führungskraft so nah an den Mitarbeitern ist, dass sie mitbekommt, was bei den Mitarbeitern gerade los ist. Was stört sie? Was treibt sie um? Wie kann Abhilfe geschaffen werden? Führungskräfte sind oft mit ihren eigenen Themen beschäftigt und wissen kaum, was bei ihren Mitarbeitern los ist. Aber es ist eine zentrale Aufgabe einer Führungskraft über genau diese Themen Bescheid zu wissen.

Fragen Sie sich selbst ganz ehrlich:

  • Wie gut kennen Sie Ihre Mitarbeiter und die Ihnen direkt zugeordneten Führungskräfte?
  • Wie gut ist Ihre Verbindung zu Ihren Mitarbeitern?
  • Wie gut können Sie einschätzen, was Ihre Mitarbeiter wollen, fühlen, ablehnen, …?

Wie gelingt Ihnen nun dieses Verbinden mit den Mitarbeitern? Unsere Erfahrung sagt: Gespräche führen. Gespräche führen Gespräche führen. Sie sind Führungskraft – also führen Sie diese Gespräche. Finden Sie die individuelle Motivationslage heraus und versuchen Sie, diese Motive zu erfüllen. Natürlich bedeutet es immer eine Gradwanderung zwischen den Unternehmensinteressen, den kollektiven Interessen und den individuellen Interessen. Ein Mitarbeiter arbeitet am besten mit lauter Musik? Kann sein, aber die anderen dürfen nicht gestört werden.

“O je“, denken Sie vermutlich “ich habe so viel zu tun – und da soll ich auch noch auf absonderliche Wünsche wie Musikhören eingehen?“ Wir sagen: Ja, Sie müssen darauf eingehen. Vielleicht müssen Sie solche Wünsche nicht erfüllen, aber Sie sollten so weit darauf eingehen, dass Sie zumindest mal drüber Bescheid wissen. Und vielleicht ist ein Kopfhörer bereits eine gute Lösung. Oft sind es nur Kleinigkeiten in den Rahmenbedingungen, die einfacher erfüllt werden können als gedacht. Selbst bei einer grundlegenden Unzufriedenheit, die Sie im Rahmen Ihrer Abteilung nicht regeln können, findet sich vielleicht in einer anderen Abteilung ein besserer Platz mit einer zufriedenstellenderen Aufgabe für diesen Mitarbeiter. Dann bleibt er mit seinem Know-How und seiner Erfahrung zumindest dem Unternehmen erhalten und der Gesamtrahmen ist wieder stimmig.

Das ist ein ganz zentraler Punkt: Die Mitarbeiter bleiben dem Unternehmen treu, auch in schwierigen Phasen, wenn der Rahmen für sie stimmig ist. Der Rahmen ist oft wichtiger als das Geld.

Wir haben Fälle erlebt, in denen ein Servicemitarbeiter kündigte, weil er bei der Einschulung seines Kindes nicht teilnehmen konnte. Der Termin war angekündigt und genehmigt, das Projekt lief zeitlich aus dem Ruder, der Servicetechniker fühlte sich dazu verdonnert, die Fehler der anderen auszubaden und durfte seinen Wunschtermin nicht wahrnehmen. Natürlich kam es zu Diskussionen. In denen fielen dann leider Aussagen wie “Die Einschulung der Kinder ist doch total unwichtig, ich war bei meinen Kindern auch nicht mit dabei.“ Vorsicht: mit solch unachtsamen Formulierungen setzt sich der Aussagende mit seiner Wertvorstellung über den anderen mit seinem Wertesystem hinweg. So etwas wird kaum verziehen und der Beziehungsrahmen stimmt nicht mehr.

Sagt der Vorgesetzte hingegen “Ich weiß, dass Dir die Einschulung sehr wichtig ist. Leider ist das jetzt ganz unglücklich gelaufen, also kannst Du es bitte möglich machen, dass …?“, und lässt der Vorgesetzte durch die Frage dem Betroffenen die Entscheidungsfreiheit, dann entsteht ein ganz anderer Beziehungsrahmen. Natürlich muss der Vorgesetzte damit rechnen, dass der Mitarbeiter anders entscheidet. Aber der Vorgesetzte erkennt damit auch an, dass er manche Sachen nicht für andere entscheiden kann. So entsteht der Freiraum, in dem Mitarbeiter fühlen “Hier kann ich mich einbringen, hier wird nicht über, sondern mit mir entschieden, hier kann ich sein“. So entsteht der Freiraum, in dem Mitarbeiter sich wohl fühlen und in dem sie gerne arbeiten.

Fazit für Sie als Führungskraft: Führen Sie mit einer Grundhaltung, dass die Wünsche und Anliegen Ihrer Mitarbeiter Sie interessieren. Betrachten Sie es als Ihre Aufgabe, den entsprechenden Rahmen proaktiv zu gestalten. Damit schaffen Sie die optimalen Voraussetzungen, dass die Mitarbeiter gerne (!) bei Ihnen im Unternehmen bleiben.

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